Das Mikrofon positionieren und einrichten

Einen besonders guten Ton erkennt man paradoxerweise meist daran, dass man ihn gar nicht als besonders wahrnimmt. D.h. die Stimmen, die Umgebungsgeräusche und gegebenenfalls die Soundeffekte sollten so klingen, als wäre man live vor Ort. Durch Geräusche übertragen sich viele Emotionen, aber nur dann, wenn sie absolut echt klingen. So kann ein guter Ton den Zuschauer tiefer ins Geschehen hineinziehen, ihn fesseln und vergessen lassen, dass er `nur´ auf einen Bildschirm schaut. Eine schlechte Tonqualität dagegen erinnert stets daran, dass das Gesehene nicht ´echt´ ist. Es lenkt somit von der Handlung bzw. dem Geschehen ab. Das kann frustrieren und den Zuschauer zum Abschalten bewegen.

Was man bei der Anschaffung eines Mikrofons bedenken sollte, wurde bereits hier zusammengefasst. In diesem Artikel werden die wichtigsten Punkte beschrieben, die es als Videograf bei der Tonaufnahme zu bedenken gibt. Insbesondere wird erklärt, wie man ein Mikrofon positionieren und einrichten sollte. Am Ende des Artikels werden auch die Grundlagen bei der Bearbeitung des Tons und des Sounddesigns erklärt.

Single-System oder Dual-System

Single-System-Tonaufnahme

Single-System bedeutet, dass man ein Mikrofon verwendet, dass direkt an die Kamera angeschlossen wird. D.h. Mikrofon und Kamera sind ein System, es wird kein zusätzliches Aufnahmegerät verwendet. Diese Variante hat den Vorteil, dass der Ton direkt synchron zum Bild aufgenommen wird und nicht später synchronisiert werden muss. Zudem spart man (z.B. auf Reisen) natürlich den Platz für ein weiteres Gerät. Single-System ist also eine einfache, wenig störungsanfällige Variante. Nicht alle Mikrophone lassen sich jedoch ohne weiteres an eine DSRL- oder Systemkamera anschließen. Bei XLR-Mikrofonen benötigt es dafür einen Adapter bzw. Pre-Amp, der über einen solchen Anschluss verfügt und das Mikrofon ggf. mit Strom versorgt. Eine Tonaufnahme per Single-System ist die übliche Wahl von Solo-Videografen.

 

Sich als Kameramann / Videograf mit dem Mikrofon richtig im Raum positionieren

Bei der Aufnahme mit einem angesteckten Richtmikrofon ist die Blickrichtung der Kamera auch der Richtwinkel des Mikrofons. Als Videograf muss man also nicht nur hinsichtlich eines stimmigen Bildes seine Positionierung überdenken, sondern auch hinsichtlich der Hintergrundgeräusche.

Besonders in Situationen, in welchen sich der Fokus der Aufmerksamkeit schnell ändern kann, ist ein Vorausdenken wichtig. Ein Richtmikrofon auf der Kamera fängt (bei nicht zu großen Abstand) die Sprecherstimmen gut ein, aber auch zusätzlich Atmosphäre-Geräusche im Hintergrund. Dies sollte man stets bedenken, um die Hintergrundgeräusche nicht zu laut aufzunehmen. Wenn die sprechende Person z.B. vor einer viel befahrenen Straße steht, sollte man darauf achten, die Kamera und das Richtmikrofon nach Möglichkeit nicht zur Straße hin auszurichten. Wenn man sich so positioniert, dass man von der Straße weg filmt, wird die Stimme deutlich klarer und verständlicher sein.

Dasselbe gilt für Interviewsituationen in Innenräumen. Als Kameramann kann in dynamischen Situationen meist kaum Einfluss auf die Positionierung aller zu filmenden Personen nehmen. Man kann aber stets entscheiden, wie man sich selbst positioniert. Störende Geräuschquellen hinter einer sprechenden Person können in Innenräumen z.B. Haustiere, Klimaanlagen, Kühlschränke oder geöffnete Fenster sein.

Das Mikrofon in Innenräumen richtig positionieren

Wie bereits erwähnt sollte man bei der Ausrichtung des Mikrofons stets mögliche störende Hintergrundgeräusche bedenken. In Innenräumen ist zudem der mögliche Rückhall ein wichtiges Thema. Um zu testen, ob es an einem bestimmten Platz im Raum ein Echo gibt, sollte man einen Klatschtest machen. Eine Stelle, bei der man auf ein Klatschen ein deutliches Echo wahrnimmt, eignet sich nicht zur Positionierung des Interviewpartners. Lässt sich ein starkes Echo aufgrund der Beschaffenheit des Raumes nicht vermeiden, kann man zur Abdämmung auch links und rechts z.B. einen Mikrofonständer aufstellen und eine Decke quer darüber ausbreiten. Die Decken (besonders dicke Wolldecken) absorbieren den Ton hörbar und steigern so die Klangqualität.

Dual-System-Tonaufnahme

Bei einer Dual-System-Aufnahme nutzt man ein separates Aufnahmegerät für den Ton und benötigt hierfür dementsprechend in der Regel eine zweite Person.  Solch ein Aufnahmegerät bietet mehr Anschlussmöglichkeiten und damit Flexibilität und (wenn es ein gutes Aufnahmegerät ist) eine bessere Tonqualität als die Kamera. Da das Ton-Aufnahmegerät nicht an die Kamera gebunden ist, hat der Tonmann/-frau zudem mehr Bewegungsfreiheit. Diese Freiheit kann aber eben auch dazu führen, dass die Person genau in dem Moment, wenn der Kameramann etwas einfangen will, noch nicht in Position ist. Besonders bei Events kann dies also auch schnell zum Nachteil werden.

Es empfiehlt sich daher, auch bei dem Einsatz eines externen Aufnahmegerätes immer zusätzlich ein Ansteckmikrofon auf die Kamera zu montieren. So ist man abgesichert.

Ist man als Event-Videograf unterwegs, muss man sich besonders gut überlegen, für welche der beiden Lösungen man sich entscheidet. Je nach Event kann es hier sehr von Vorteil sein, wenn eine zweite Person ein separates Aufnahmegerät bedient. So z.B., wenn man Showelemente auf einer Bühne mit ausreichendem Abstand filmen, den Ton aber aus nächster Nähe aufnehmen will. In so einem Fall kann es sehr umständlich sein, ein Kabel durch die Zuschauer zu legen.

Lavalier-Mikrofon positionieren

Soll das Lavalier-Mikrophon versteckt werden, gibt es – je nach Kleidung – eine Menge Tricks. Man kann es z.B. mit einem Pflaster unter die Kleidung direkt an den Körper kleben. Bei einem Anzug ist auch eine Positionierung innen im Krawattenknoten möglich. Dabei sollte es nach unten zeigen. So wird der Ton nicht vom Krawattenknoten ´blockiert´. Entscheidend ist aber bei der Anbringung von einem Lavaliermikrofon am Körper oder an der Kleidung immer, dass das Outfit selbst bei Bewegungen keine zu starken Geräusche entwickelt. Viele Jacken, besonders Lederjacken erzeugen Knarzgeräusche und sind in diesem Fall oft sehr ungeeignet. Daher den Ton nach dem Anbringen unbedingt immer ausführlich testen.

Zusätzlich hat man so auch einen einfachen Windschutz bei Außendrehs. Um sicherzustellen, dass es bei Bewegungen keine Störgeräusche gibt, sollte man unbedingt einen ausgiebigen Soundcheck durchführen. Noise-canceling-Kopfhörer eignen sich hierfür besonders, um Rausch- und Knackgeräusche besser zu erkennen.

Umgebung im Blick behalten, mögliche Störquellen erkennen

Neben der Überprüfung der aktuellen Umgebungsgeräusche sollte man auch überlegen, welche zukünftigen Geräusche während des Drehs auftauchen könnten. Dreht man z.B. in der Nähe eines Flughafens oder nahe an Bahngleisen, wartet man besser nochmal die nächste Landung bzw. den nächsten vorbeifahrenden Zug ab. Telefone und Handys sollten ggf. lautlos gestellt oder abgeschaltet werden. Alle Störquellen, die man vor dem Dreh identifiziert und unschädlich macht, sparen später und allen Beteiligten viel Zeit und Nerven, wenn der Film- oder Videodreh nicht deshalb mehrmals wiederholt werden muss.

Windgeräusche beim Mikrofon-Positionieren vermeiden

Bei Außendrehs sollte immer ein Windschutz bzw. die ´Dead Cat´ dabei sein. Hier ist besonders darauf zu achte, das dessen Haare nicht ins Bild stehen. Hat man mal keinen Windschutz zur Hand, kann man nur noch versuchen den Dreh in eine windstille Ecke zu verlegen oder sollte zumindest das Mikrophon in Windrichtung halten, nie gegen die Windrichtun.

Wie eingangs beschrieben kann die Tonqualität nur wirklich gut sein, wenn man nah an die Tonquelle herangeht. Eine Entfernung von 20 bis 40 Zentimetern ist optimal um das Mikrofon zu positionieren. Man sollte bei jedem Dreh unbedingt Kopfhörer dabeihaben und die Aufnahmen durchgehend abhören. Genauso, wie man das Gefilmte auf seinem Bildschirm überwacht, sollte auch der Ton durchgehend kontrolliert werden.  Es passiert sonst zu schnell, dass Störgeräusche ins Spiel kommen, die man erst im Schnitt bemerkt. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden.

Den Ton richtig einpegeln

Das Lautstärkenlevel muss  anhand der Level-Anzeigen der Kamera bzw. des Aufnahmegerätes sowie per Kopfhörer überprüft werden. Es sollte immer zwischen -12db und -20db liegen. Einige Ratgeber empfehlen auch z.B. einen Bereich zwischen -6db und -12db. Wenn man den Ton auf dieses Level einpegelt, hat man jedoch kaum ´Luft nach oben´. Wenn man das Aufnahmelevel festlegt, muss man bedenken, dass die interviewten Personen nicht durchgehend in der gleichen Lautstärke sprechen. Bei Aufregung oder bei einem Lachen kann die Lautstärke ordentlich nach oben schnellen. Ebenso bei bewegten Aufnahmen. Denn hier ist es kaum möglich, dass Mikrofon immer im gleichen Abstand zur Tonquelle zu positionieren. Es ist wichtig, dies zu bedenken und den Ton auch für solche Randbereiche passend einzupegeln.

Mit einem Einpegeln der „normalen“ Geräusche auf maximal -12db wird man auch diese lauten Ausreißer noch aufnehmen, ohne direkt eine starke Übersteuerung zu haben. Bei lauteren Aufnahmen kommt es zu Verzerrungen, die sich im Nachhinein schwer oder gar nicht mehr reparieren lassen. Stellt man das Audiolevel jedoch zu niedrig ein, erhält man einen schlechten, rauschenden Ton.

Nachträgliches Sound-Design: Nicht nur bei Spielfilmen immens wichtig

Bei Spielfilmen wird meist nur der Dialog aufgenommen und die Atmosphäre-Sounds in der Postproduktion aus Sound-Bibliotheken hinzugefügt. Bei der Videographie werden Soundbibliotheken dann besonders häufig eingesetzt, wenn B-Roll vertont werden soll. B-Roll wird häufig in hohen Framerates gedreht, um es in der Postproduktion verlangsamen zu können. Da einige Kameras aber z.B. bei einer Framerate von 120fps keinen Ton aufzeichnen können, muss dieser später komplett designt werden. Ein guter Kompromiss ist auch ein Sounddesign, das aus Atmosphäre-Tonaufnahmen vor Ort und zusätzlichen Geräuschen aus einer Datenbank besteht. So wirkt der Sound insgesamt natürlicher und authentischer.

Wenn man auf einen natürlich klingenden Ton nicht den größten Fokus setzt bzw. nicht den Eindruck erwecken will, als wäre der Ton genau so vor Ort gewesen, kann man seiner Kreativität jedoch freien Lauf lassen.  Besonders bei einem eher künstlerischen als einem möglichst realistischen Ansatz in der Videographie, kann man auch Sounds einsetzen, die das Gezeigte nicht unbedingt realistisch untermalen, aber dennoch dessen Wirkung verstärken.  Der Sound eines Aufpralls von einem Gegenstand oder einer schnellen Geschwindigkeitsänderung wird z.B. häufig von einem Geräusch untermalt, dass den visuellen Eindruck verstärkt.

In einem Spielfilm oder einem Dokumentarfilm sollte das Geräusch, wenn man es denn nachträglich einfügt, natürlich schon sehr natürlich wirken. In vielen anderen Videoclips mit einem geringeren Anspruch an den Realismus kann aber experimentieren. Das Gehirn arbeitet stets daran, auch weniger authentisch klingende Geräusche direkt mit dem Gesehenen zu verbinden. Zumindest dann, wenn die Bewegung des Bildes mit dem Geräusch zusammenpasst. Besonders, wenn neben den Soundeffekten noch eine Hintergrundmusik im Spiel ist, wird der Mangel an Realismus durch ein volleres Klangbild bzw. einen Klangteppich ausgeglichen.

Eine sehr gute Erklärung der Grundlagen im Sounddesign findet ihr in diesem Video:

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Den Ton synchronisieren

Wenn man mit mehreren Mikrophonen filmt, muss der Ton später synchronisiert werden. Dafür hilft es, zu Beginn eines jeden Takes einmal kurz zu klatschen. Am besten klatscht man jeweils einmal für die Anzahl des Takes, damit bei den Tonspuren keine Verwechslungsgefahr aufkommt. Die meisten Schnittprogramme bieten jedoch auch eine automatische Synchronisierungsfunktion.

Bei Adobe Premiere  Pro wählt man zum Beispiel zwei Tonspuren aus und sucht im Menü (das sich mit der rechten Maustaste öffnet) den Punkt: synchronisieren. Das Programm ordnet die Spuren dann automatisch synchron an, was sehr viel Arbeit sparen kann. Ebenfalls bietet Premiere Pro sehr gute Sound-Nachbearbeitungstools wie den Parametric Equalizer. Damit lassen sich bestimmte Frequenzen verstärken oder absenken und das Klangbild deutlich verbessern. Hat man z.B. Störgeräusche in niedrigen Frequenzen in der Aufnahme, kann man diese somit einfach entfernen. Ähnlich wie man beim Bild Kontrast und Helligkeit per Schiebereglern anpasst, sollte man auch diese Tools nutzen, um das Klangbild zu optimieren.

Komplexere Programme wie z.B. Adobe Audition bieten in dieser Richtung noch viel mehr Möglichkeiten für eine wirklich optimierte Tonspur. Jedem Videografen kann man nur empfehlen, sich auch hier hineinzuarbeiten anstatt sich ´nur´ auf die Bildqualität zu fokussieren. Ein guter Ton fällt vielleicht nicht so stark auf wie tolle Bilder, aber er trägt mindestens genauso viel zur Atmosphäre des Videos bei.

In diesem Blog dreht sich alles um das Thema Film, von praktischen Tipps zum Filmen bis zu Filmanalysen und technischen Entwicklungen. Er richtet sich also an Filmeschauer, Filmemacher und die, die es noch werden wollen.

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